PAULITSCH LAW NEWSUPDATE: Weitere gesetzliche Neuerungen im Bereich Strafrecht im Zusammenhang mit den Präventivmaßnahmen zur Eindämmung von COVID-19
Wie in unseren Blogbeiträgen vom 24.3.2020 bereits berichtet, erfolgen derzeit aufgrund der Corona-Krise fast täglich neue gesetzliche Anpassungen, über die wir Sie aktuell informiert halten möchten. Am Dienstag, 24.3.2020, nur einen Tag nach Kundmachung der letzten Verordnung über besondere Vorkehrung in Strafsachen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19, erließ die Bundesministerin für Justiz (BMJ), Dr. Alma Zadic, erneut eine Verordnung (BGBl II Nr 114/2020) auf Grundlage des 2. COVID-19-Gesetzes.
Die zentrale Änderung betrifft Vernehmungen und Verhandlungen hinsichtlich Beschuldigter, die sich in Untersuchungshaft befinden. Ursprünglich wurde – wie berichtet – verordnet, dass diese zwingend im Wege von Videokonferenzen durchzuführen sind. Nunmehr ist die Möglichkeit der Vernehmung bzw Verhandlung durch Videokonferenz optional vorgesehen. Dies bedeutet, dass Haftprüfungsverhandlungen und Hauptverhandlungen in Haftsachen nach Möglichkeit durch Videoübertragung stattzufinden haben. Ist eine Videokonferenz, bspw wegen fehlender technischer Mittel, nicht möglich, so kann (nun wieder) eine Verhandlung vor Gericht im Beisein des Beschuldigten erfolgen. Die Möglichkeit über die Aufhebung oder Fortsetzung der Untersuchungshaft schriftlich zu entscheiden und (auch ohne – jederzeit möglichen – Verzicht des Beschuldigten) von einer Haftverhandlung gänzlich abzusehen bleibt unverändert bestehen.
Hintergrund dieser neuerlichen Änderung binnen sehr kurzer Zeit könnten schlicht die fehlenden organisatorischen und technischen Möglichkeiten der Gerichte, sämtliche Haftverhandlungen umgehend per Videokonferenz abzuhalten, sein. Die erweiterte Möglichkeit der schriftlichen Erledigung trägt jedenfalls zusätzlich zu einer Entlastung der Justiz bei.
Eine weitere wesentliche Änderung betrifft die Zustellungen durch Staatsanwaltschaften und Gerichte (Ladungen, Aufforderungen zu Verfahrenshandlungen). Wie berichtet war ursprünglich vorgesehen, dass diese derzeit nur in Haftsachen erfolgen dürfen. Die entsprechende Umsetzungsbestimmung wurde jedoch durch die jüngste Verordnung der BMJ ersatzlos aufgehoben. Gerichte und Staatsanwaltschaften sollen wohl weiterhin ihren Betrieb auf das Notwendigste herabfahren, haben nun aber doch die Möglichkeit in allen anhängigen Verfahren entsprechende Verfahrenshandlungen vorzunehmen. Diese „Rückänderung“ steht auch in Einklang damit, dass bisher von der Möglichkeit ein Moratorium für die Frist der zulässigen Höchstdauer von Ermittlungsverfahren zu verordnen, kein Gebrauch gemacht wurde.
Die jüngste Verordnung trat am 25.3.2020 in Kraft und gilt, wie die meisten aktuellen Maßnahmen im Bereich Strafrecht, zunächst befristet bis 13.4.2020. Sollten weitere Anpassungen erfolgen, informieren wir Sie auf unserem Blog und gerne auch persönlich auf Anfrage.
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