PAULITSCH LAW NEWSKurzarbeit – Strafrechtliche Konsequenzen bei Missbrauch der Kurzarbeitsbeihilfe

2020-09-29

Infolge der COVID-19-Pandemie kam es zu einer Stilllegung der Wirtschaft, wie es die Welt kaum zuvor gesehen hatte. Die Staaten wurden dadurch vor ein Aufgabenfeld gestellt, das für sie ein komplettes Novum darstellte. Die österreichische Bundesregierung hat sich indes durch diskursives Vorgehen das Motto „Kurzarbeit statt Kündigung“ zu eigen gemacht und stellte innerhalb weniger Tage ein neues Kurzarbeitsmodell auf, das nicht nur hunderttausende Arbeitnehmer vor der Arbeitslosigkeit bewahren und somit deren soziale Absicherung erhalten soll, sondern auch die Unterstützung der Betriebe anvisiert. Doch schon kurz darauf folgten die Berichte in den Medien, dass einige Unternehmen das Corona-Kurzarbeitsmodell missbrauchen. Der folgende Text soll die möglichen (finanz-) strafrechtlichen Konsequenzen eines solchen Missbrauchs eruieren und den einschlägigen Sachverhalt dechiffrieren.

Ein kurzer Überblick: Je nachdem, welche Voraussetzungen erfüllt sind, variieren die in Frage kommenden Delikte von Betrug (§ 146 StGB) zu schwerem (§ 147 StGB) und gewerbsmäßigem Betrug (§ 148 StGB), Förderungsmissbrauch (§ 153b StGB), organisierter Schwarzarbeit (§ 153e StGB) bis hin zur Abgabenhinterziehung (§ 33 FinStrG).

Zum Betrug: Die Voraussetzungen hierfür sind, dass man sich zunächst unrechtmäßig bereichern möchte und deswegen eine Täuschungshandlung setzt, die bei einem anderen einen Irrtum hervorruft. Dieser Irrtum verleitet diesen anderen zu einer Vermögensverschiebung, die ihn an seinem Vermögen schädigt. Derjenige, der über die Tatsachen irrt, schädigt sich also im Endeffekt selbst.

Wenn man diese Voraussetzungen jetzt auf den Sachverhalt der Kurzarbeit anwendet, könnten sie folgendermaßen erfüllt sein: Ein Unternehmen gibt in seinem AMS-Kurzarbeitsantrag oder in seiner Abrechnungsliste eine falsche Zeitangabe über das Beschäftigungsausmaß seiner Mitarbeiter an (Täuschungshandlung). Der Staat irrt daher über das wahre Beschäftigungsausmaß und gewährt dem Unternehmen eine überhöhte Beihilfe (Vermögensverfügung). Der Staat tätigt also eine Auszahlung für die eigentlich kein Grund besteht und schädigt sich somit selbst an seinem Vermögen. Wichtig ist, dass der Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Übermittlung des Antrags oder der Abrechnungsliste das oben Genannte (Täuschung, Irrtum, Vermögensverschiebung und anschließende Bereicherung) verwirklichen will bzw dass er die Verwirklichung für ernstlich möglich hält und sich damit abfindet. Die Falschangaben sind selbst dann nicht gerechtfertigt, wenn sie bloß zur Überlebenssicherung des Unternehmens getätigt wurden.

Allerdings kann sich nicht nur der Arbeitgeber nach diesem Delikt strafbar machen, sondern auch der Arbeitnehmer: Hat dieser etwa in einer Aufzeichnung, die für den Kurzarbeitsantrag verwendet wurde, falsche Angaben bezüglich seines Beschäftigungsausmaßes gemacht, sei es auch auf Verlangen des Arbeitgebers gewesen, ist er somit Beitragstäter zum Betrug.

Wichtig ist, dass für die Beurteilung der Einhaltung des angegebenen Beschäftigungsausmaßes der Durchschnittswert des Durchrechnungszeitraums der vereinbarten oder tatsächlichen Kurzarbeitsperiode (meistens drei Monate) zu betrachten ist. Demnach kann das Arbeitsausmaß für einige Wochen auf 0 reduziert und in anderen Wochen auf 100% erhöht werden.

Die österreichische Strafrechtsordnung sieht bei Betrug eine Freiheitsstrafe von bis zu sechs Monaten oder eine Geldstrafe von bis zu 360 Tagessätzen vor. Wenn die erschlichene Förderung und demnach der beim Staat herbeigeführte Schaden den Betrag von EUR 5.000 übersteigt, dann liegt ein schwerer Betrug vor, der mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren bedroht ist. Wenn die erschlichene Förderung einen Betrag von EUR 300.000 überschreitet, dann ist eine Strafdrohung von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe vorgeschrieben.

Wer die Absicht hat, sich über einen längeren Zeitraum hinweg durch wiederkehrende Begehung des Betrugs ein nicht bloß geringfügiges Einkommen zu verschaffen, begeht gewerbsmäßigen Betrug. Dieser ist mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren bedroht. Bezogen auf die wiederkehrende Begehung eines schweren Betrugs, steht eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren an. Die wiederkehrende Begehung eines schweren Betrugs mit einem Schaden von über EUR 300.000 bleibt allerdings mit einer Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren bedroht.

Zum Förderungsmissbrauch: Dieses Delikt greift nur, wenn eine zunächst ohne Täuschung erlangte Beihilfe nachträglich zweckwidrig verwendet wird. Hierbei wird der Begriff des Förderungszwecks sehr eng interpretiert. Im Fall der Kurzarbeit bedeutet das, dass über die beantragte Kurzarbeit hinaus geleistete Mehrarbeit zu einer missbräuchlichen Verwendung der Förderung führen kann. Der Förderungsmissbrauch ist mit einer Freiheitsstrafe von bis zu sechs Monaten oder mit einer Geldstrafe von bis zu 360 Tagessätzen bedroht. Wer die Tat in Bezug auf einen EUR 5.000 übersteigenden Betrag begeht, ist mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren zu bestrafen. Übersteigt der Betrag EUR 300.000, ist eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren vorgesehen.

Zur Abgabenhinterziehung: Wenn nun zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer die Abmachung besteht, die Mehrarbeit, die über die Kurzarbeitsschwelle hinaus geleistet wird, „schwarz“ zu bezahlen, setzt das voraus, dass die Lohnkonten unrichtig oder gar nicht geführt werden, wodurch zwangsläufig Lohnsteuern sowie etwa Kommunalsteuern hinterzogen werden. Dies ist als Abgabenhinterziehung gemäß dem Finanzstrafgesetz zu ahnden und führt zu einer Geldstrafe bis zum Zweifachen der hinterzogenen Abgaben.

Zur organisierten Schwarzarbeit: Dieses Delikt setzt voraus, dass mehrere Personen (Richtwert liegt bei 10) illegal beschäftigt werden. Im Fall der Kurzarbeit kann dies relevant werden, wenn der Arbeitgeber einen Kurzarbeitsantrag mit einem gewissen Beschäftigungsausmaß stellt und anhand von Schwarzarbeit versucht den Arbeitsausfall zu kompensieren.

Abschließend kann man sagen, dass die Entscheidung für eine Inanspruchnahme der Kurzarbeitsbeihilfe nicht nur unterstützend wirken kann, sondern auch einige riskante Berührungspunkte mit dem (Finanz-) Strafrecht birgt und angesichts einer Strafandrohung von bis zu 10 Jahren Freiheitsstrafe nur gutüberlegt und gutberaten getroffen werden soll.

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